Urbane Zentralität mit Erlebnisfaktor (März 2024)

Domino Konkret Newsletter vom 4. März 2024

Die aktuelle Schwächephase des Onlinehandels könnte ein erstes positives Signal dafür sein, dass die Revitalisierung traditioneller 1A-Citylagen doch nicht ganz ausgeschlossen scheint.

Zwar ist der qualifizierte Einzelhandel in Klein- und Mittelstädten auf dem Rückzug - aber die allgemeinen Mietkorrekturen nach unten haben zumindest den Druck auf die notwendige Flächenproduktivität entschärft und die Leerstandsentwicklung abgebremst. 

Vor allem der diskontierende Handel mit seinen „Schnäppchen-Versprechen“ nutzt die Gelegenheit, um seine ehemals eher in B-Lagen angesiedelten Standorte im Hinblick auf besonders preisaffine Kunden zu optimieren. Aber auch die Boomer-Jahrgänge mit überdurchschnittlicher Kaufkraft kommen zurück in die City - wenn sie denn interessant ist. 

Kreative Händler schaffen dafür Erlebniswelten, die meist aus einer Mischung von Ausprobieren, Verweilen und Genießen bestehen und bestenfalls zum Kauf stimulieren. Beispiele dafür gibt es für kleine und große Unternehmen.

Das Weinseminar beim Feinkosthändler, die Modenschau beim DOB-Spezialisten oder Schönheits- und Gesundheitsseminare in Parfümerien, Drogeriemärkten oder Apotheken erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, nicht selten auch erst im Anschluss an die allgemeinen Geschäftszeiten.

Und auch MediaMarktSaturn investiert in Erlebnisbereiche, Computerspiel-Testbereiche und hat ebensolche für Kaffeemaschinen oder Staubsauger eingeführt.

Karsten Wildberger, Chef von Ceconomy und Tochterunternehmen MediaMarktSaturn, sagte der Augsburger Allgemeinen, weiter in die Innenstädte investieren zu wollen. Die Debatte über eine mangelnde Attraktivität der Innenstädte sei für ihn eine „sehr deutsche Diskussion“. Neben Events - ob im kleinen oder großen Stil - rückt auch die Funktion der stationären Läden als Lieferhub (Versand- und Abholungsknotenpunkte) und die damit verbundene Bequemlichkeit für den Kunden bei den Einzelhändlern in den Fokus. 

Dem Handelsblatt teilte MediaMarktSaturn Mitte Februar zudem mit, in Zusammenarbeit mit Uber Direct binnen 90 Minuten Waren an Besteller im näheren Umkreis liefern zu können. Bis Ende 2024 sollen demnach bundesweit alle 400 Filialen diesen Service anbieten können.

So ergibt sich für das Unternehmen die Möglichkeit, von der jeweils zentralen Lage ihrer Filialen und einem breiten Filialnetz zu profitieren - ohne den kompletten Umsatz vor Ort machen zu müssen. Das "Einzugsgebiet" einzelner Läden kann so erhöht werden, ohne dass zwangsläufig eine höhere Passantenfrequenz in den Städten nötig ist. 

 

Verträge: Im Gewerbemietrecht tut sich was

Die Rechtssicherheit von Gewerbemietveträgen mit einer Festlaufzeit von über einem Jahr hängt nach aktueller Rechtslage davon ab, ob die gesetzliche Schriftform vollumfänglich eingehalten wird. Ist dies nicht der Fall, wird die vereinbarte Laufzeit hinfällig und der Mietvertrag kann jederzeit mit den entsprechenden Fristen gekündigt werden - in der Regel mit sechs Monaten zum Quartalsende (§550 BGB). Dies hat in den letzten Jahren vermehrt zu Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien geführt. 

Womöglich tut sich nun bald etwas in dieser Sache. Die Bundesregierung hat am 11. Januar im veröffentlichten Entwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes IV als zentrales Ziel genannt, dass die Möglichkeit der Schriftformkündigung nun auch für Gewerbemietverträge künftig wegfallen soll. 

Diese Regelung wäre dann für Neuverträge ab Inkrafttreten des Gesetzes gültig, für Bestandsverträge nach Ablauf einer 12-monatigen Übergangsfrist (vgl. Johannes Conradi, FAZ vom 19. Januar 2024).

 

Krisen-Gewinner: Wenn Konsumenten sparen

  • Woolworth-Chef Roman Heini gab im Handelsblatt Online vom 14. Februar an, den Umsatz innerhalb von nur drei Jahren verdoppelt zu haben - auf über eine Milliarde Euro pro Jahr. „Ich bin optimistisch, dass wir den Umsatz und die Anzahl der Geschäfte in den kommenden fünf Jahren noch mal verdreifachen werden“, sagte er. Das wären dann mehr als 2000 Läden insgesamt. 
    Mit einem breiten Sortiment an Artikeln für den täglichen Bedarf übernimmt das Unternehmen gerade in Klein- und Mittelstädten inzwischen große Teile der "Nahversorgung".
     

  • Der Naturkostfachhandel verzeichnete in der Corona-Zeit ein Umsatzhoch, das aktuell aber wieder hinter die Zahlen von 2019 zurückfällt. "Im Fachhandel herrscht der Trend zum sogenannten Trading down. Die Verbraucherinnen und Verbraucher greifen verstärkt zu den Preiseinstiegssortimenten der Handelsmarken, die Absatzmengen der etablierten Herstellermarken sind weiterhin rückläufig", so Klaus Braun von der gleichnamigen Beratung. 
    Bei den Supermärkten und Discountern steigen dagegen die Umsätze von Bio-Lebensmittelverkäufen mittlerweile quartalsmäßig wieder. (WELT vom 14.02.24)


Was gibt es sonst noch?

  • Luxus im Aufschwung: Der Luxusmarkt setzt sein Wachstum fort, allerdings in geringerem Umfang als bisher. Für LVMH-Chef Bernard Arnault sei ein leicht verringertes Wachstum kein Problem, wie er in der Textilwirtschaft zitiert wird. Er finde es wichtiger, Marken (wie zum Beispiel Louis Vuitton, eine der bekanntesten Luxusmarken aus dem Portfolio) begehrlich zu halten.
    Die Luxus-Branche ist in den letzten Quartalen „nur“ noch einstellig gewachsen - gegenüber zweistelligem Wachstum in den Jahren davor. Arnault zeigt sich davon unbeeindruckt. „8 bis 10% Wachstum ist für mich perfekt“, wird er zitiert.

  • USA-Aufwärtstrend im Einzelhandel: Der stationäre Einzelhandelsumsatz in den USA ist seit dem Einbruch in 2019 und 2020 - für viele überraschend – wieder kontinuierlich gestiegen und auch die Prognosen deuten auf ein weiteres Wachstum. Parallel dazu haben sich jedoch die Neueröffnungen von Verkaufsflächen seit 2022 stark reduziert. (Handelsblatt Online vom 18.2.2024). Dies könnte ein Indikator dafür sein, dass sich der Umsatz auf immer weniger, aber dafür größere “Player” verteilt.

  • Noch keine Trendwende - Preisrückgang bei Gewerbeimmobilien: Die Preise für Gewerbeimmobilien verzeichnen im Jahresvergleich zwischen den Quartalen Q4 2023 und Q4 2022 ein Minus von 12,1 Prozent (davon Büroimmobilien: -13,3 Prozent, Einzelhandelsimmobilien: - 9 Prozent); im Quartalsvergleich zwischen den Quartalen Q4 2023 und Q3 2023 waren es 4,9 Prozent (davon Büroimmobilien: -5,2 Prozent, Einzelhandelsimmobilien: -3,9 %). Beide Werte stellen die bislang größten im vdp-Index gemessenen Preisrückgänge bei Gewerbeimmobilien dar. Seit dem zweiten Spitzenquartal 2022 fielen die Preise in diesem Segment besonders stark um 16,5 Prozent. Zwischen 2010 und 2022 hatten sie sich um rund 55 Prozent verteuert.


Einkaufserlebnisse

 

Ein Trendsetter für „groß angelegte“ Erlebniswelten war schon früh der Hamburger Outdoor-Spezialist Globetrotter - hier die herausragende Filiale in Köln als Beispiel. 

© Foto: Archiv Domino

 

 
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