Wettbewerb um die Sicht- und Erreichbarkeit von Verkaufsflächen (November 2025)

Außengastronomie, Stadtmöblierungen & Straßenfeste im Zielkonflikt mit dem Einzelhandel in 1A-Lagen

Domino Konkret Newsletter vom November 2025

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Nur die älteren Mitbürger werden sich noch an die meist tristen Fußgängerzonen in Deutschlands Einkaufsmetropolen bis hin zum Ende des letzten Jahrhunderts erinnern: Fast frei von jeglichen Grünpflanzen, dafür mit umso mehr schmucklosen (Wasch-)Betonsteinen zugepflastert, hatten die „Rennmeilen“ nur eine Funktion: Möglichst vielen Konsumenten die möglichst schnelle Erreichbarkeit der auf sie wartenden Konsumtempel zu ermöglichen.

Diese Zeiten sind längst vorbei, was nicht alleine dem Erfolg des Onlinehandels zuzuschreiben ist. Das insgesamt veränderte Konsumverhalten, die Zunahme an Einkaufs- und Fachmarktzentren in und außerhalb der Innenstädte und die demographischen Veränderungen bei gleichzeitig erschwerter Erreichbarkeit vieler Stadtzentren haben allgemein zu einem mehr oder weniger starken Attraktivitätsverlust der Innenstädte geführt. Gegen die drohende Verödung der Fußgängerzonen musste eine Strategie erdacht werden, um diesen Entwicklungen erfolgreich Paroli bieten zu können.

Vielerorts folgte ein ganzes Maßnahmenbündel zur City-Reaktivierung mit dem Ziel, wieder mehr Aufenthaltsqualität und Geselligkeit in die Innenstadt zurückzuholen. Also wurden vielerorts hochwertige Natursteinpflaster verlegt, Bäume gepflanzt und sogenannte „Außen-Möblierungen“ vorgenommen mit Sitzbank-Gruppen, Kinderspielgeräten oder Fahrradständern.

Spätestens als Folge der Corona-Pandemie haben gerade auch in den 1A-Geschäftslagen die gastronomisch genutzten Außenflächen deutlich zugenommen, um die City als Ort der Begegnung und des Austausches aufzuwerten. Zudem wurden vielfach zusätzlich zu den traditionellen Wochen- und Weihnachtsmärkten neue Straßenfest-Anlässe erschaffen mit Verkaufsständen, oftmals direkt vor den Schaufenstern und Eingängen der Läden. Soweit – so gut?

Mittlerweile zeigt sich häufig, dass diese eigentlich gut gemeinten „Wiederbelebungsversuche“ in der City das Ladensterben sogar noch beschleunigen können. Vor allem die Zunahme gastronomischer Betriebe in den Fußgängerzonen mit ihren Tischen und Stühlen und im Sommer aufgespannten Sonnenschirmen vor den Schaufenstern des Einzelhandels entwickeln sich für viele Ladenbetreiber eher zu einem grundsätzlichen Problem, und das nicht nur über eine Stadtfest-Woche hinweg.

Sowohl für die Einzelhändler als auch für die gastronomischen Konzepte ist neben der Passantenfrequenz die Sichtbarkeit und Erreichbarkeit ein Schlüsselfaktor für den Erfolg ihres jeweiligen Geschäftsmodells.

Die Zielkonflikte sind somit also vorprogrammiert: Gastronomiebetriebe benötigen eine ausreichend große, sonnengeschützte Außenbestuhlungsfläche, um auskömmlich wirtschaften zu können. Dagegen beschweren sich die unmittelbar benachbarten Einzelhändler immer dann, wenn Tische, Stühle, Bänke und vor allem ausladende Sonnenschirme oder großdimensionierte Jalousiesysteme dazu führen, dass sie zwischen oder auch hinter Gastrobetrieben kaum noch wahrgenommen werden.

Wenn manchmal bereits eine von der Stadtverwaltung eher sorglos vorgenommene Platzierung von Ruhebänken, Pflanzenkübeln oder Fahrradständern Passanten zu einem Hindernislauf in Richtung Ladenlokal zwingt, kann der Verlust der Sichtbarkeit durch eine benachbarte optisch dominante Außengastronomie sogar zum kaufmännischen Aus führen. Da helfen dann auch keine offen gehaltenen schmalen „Durchgangsschneisen“ mehr, wenn ein Ladenlokalbetreiber beidseitig von Bistro- und Restaurantbetrieben „umzingelt“ ist. Häufig ist es dann nur noch eine Frage der Zeit, bis aus dieser Einzelhandelsfläche auch eine Gastronomiefläche wird.

Generell haben solche Entwicklungen mit möglichen Veränderungen im direkt vorgelagerten Außenbereich der Handelsimmobilie zunehmend Einfluss auf die Vermietbarkeit der Objekte. Wird sich zukünftig gar ein kausaler Zusammenhang zwischen der erzielbaren Miethöhe innerhalb des Gebäudes und den außerhalb davor stadtseitig erzielbaren Sondernutzungsgebühren entwickeln?


Was also tun?

Grundsätzlich empfehlenswert ist eine Entflechtung von Gastrolagen und Ladenzeilen. Es ist nun mal eine Binse, dass auf weiträumigen Marktplätzen oder breiten Rennmeilen der Einkaufsmetropolen Stühle, Tische und Schirme sehr viel passender sind als in den meist engeren Fußgängerzonen in historisch geprägten Innenstädten. Für auskömmliche Mindestabstände im Freiraum davor sprechen auch Aspekte der Verkehrssicherheit und der Barrierefreiheit, wenn man an mögliche Rettungswege oder das zunehmende Nebeneinander von Lastenrädern und Rollatoren denkt.

Ein weiterer Ansatzpunkt zur Vermeidung von Interessenkonflikten kann eine gewisse gestalterische Mindest-Transparenz sein, wenn die Außen-Möblierung auf eine Maximal-Höhe beschränkt und auf Rollen gestellt mobil bleibt. In München wurden für manche Straßen Zonenpläne entwickelt, die in sogenannte Begegnungsbereiche (Sitzmöglichkeiten mit Pflanzinseln) und Schaufensterzonen unterscheiden. In Zürich steht vor allem der Mindestabstand zwischen Außenbestuhlung und Fensterfront im Zentrum ähnlicher Regelungen.

Letztlich scheint der Königsweg eine gut funktionierende, institutionalisierte Abstimmung zwischen allen Beteiligten zu sein, wie sie offenbar in einigen attraktiven Vorstadtlagen wie Hamburg-Ottensen oder Köln-Ehrenfeld bereits erprobt ist. Dort entwickeln Vertreter der Stadt, der Gastronomie und des lokalen Einzelhandels gemeinsam Gestaltungsideen, die die Aufenthaltsqualität und Atmosphäre stärken sollen, ohne die Interessen des Handels zu ignorieren. Denn gerade der Umsatzanteil des kleineren, nicht-filialisierten Einzelhandels hat sich laut HDE-Präsident Alexander von Prien in den letzten 15 Jahren von 22% auf 11% exakt halbiert (Quelle: WELT vom 13.11.25).

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Neues Einzelhandelsformat: Flagship-Stores für Drohnentechnik 

In mehreren deutschen Innenstädten entsteht mit den DJI Hasselblad-Stores ein neues, technologieorientiertes Einzelhandelsformat. Die Stores kombinieren professionelle Kameratechnik mit einem klaren Schwerpunkt auf zivile Drohnen, die das Kernsortiment bilden. Angeboten werden sowohl Freizeit- und Profi-Drohnen als auch Zubehör, Serviceleistungen und Produktpräsentationen.

Die Mietflächen liegen überwiegend in hochfrequentierten Innenstadtlagen oder großformatigen Shoppingcentern. Beispiele sind Standorte an der Frankfurter Zeil, im Hamburger Überseequartier sowie im Westfield CentrO Oberhausen. Damit ergänzt dieses Konzept das bestehende innerstädtische Angebotsprofil um ein technologiegetriebenes Segment, das sowohl Erlebnischarakter als auch hohe Kundenfrequenzpotenziale mitbringt.

Zunehmender Wettbewerb für Apotheken

Die Drogeriekette dm treibt ihre Expansion in gesundheitsnahe Dienstleistungen voran und plant den Versand apothekenpflichtiger, jedoch nicht verschreibungspflichtiger Produkte von der tschechischen Stadt Bor aus. Parallel testet man diagnostische Selbsttests in den eigenen Filialen. Auch Rossmann und Lidl sondieren offenbar den Markt und prüfen den Einstieg in den Versand von Medikamenten, wie das Handelsblatt berichtet.

Gleichzeitig zeigt die aktuelle Statistik der ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände), dass seit Jahresbeginn bereits mehr als 300 Apotheken geschlossen haben.

Für Vermieter bedeutet diese Marktlage eine mögliche strukturelle Veränderung des Mieterumfelds: Der Wandel im Gesundheitsmarkt, kombiniert mit steigenden Schließungszahlen klassischer Apotheken, kann mittelfristig Auswirkungen auf die Nutzungsmischung und Frequenz in zentralen Lagen haben.

 

Innenstadtansicht

 

Sitzgelegenheiten in Hamburg © Archiv DOMINO © Archiv DOMINO

 
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Zwischen Markenwelt und Frequenzgarantie - neue Nutzungsmodelle in der Innenstadt (Oktober 2025)