Zwischen Markenwelt und Frequenzgarantie - neue Nutzungsmodelle in der Innenstadt (Oktober 2025)
Domino Konkret Newsletter vom Oktober 2025
In einer früheren Ausgabe berichteten wir über die zunehmende Bedeutung von Events und Erlebnisbereichen im stationären Einzelhandel. Ziel dieser Konzepte ist es, klassische Handelsformate durch einen erweiterten Service-Umfang, Seminare oder Veranstaltungen wie beispielsweise Verkostungsabende bei Vom Fass und Oil & Vinegar oder Autorenlesungen bei Osiander undThalia emotional aufzuladen, um so auch im digitalen Zeitalter die Relevanz der Verkaufsflächen innerhalb der sogenannten „Customer-Journey“ abzusichern.
Was sich nun zunehmend in vielen Innenstadtlagen beobachten lässt, geht deutlich darüber hinaus. Es handelt sich nicht nur um eine Weiterentwicklung oder Erweiterung bestehender Handelskonzepte - sondern um vollkommen neue Nutzungsansätze, bei denen das Verkaufen vor Ort oft gar keine Rolle mehr spielt.
Autohersteller wie Mercedes, Tesla oder Polestar eröffnen in 1A-Lagen keine Verkaufsräume im klassischen Sinne, sondern vielmehr Markenflächen. Es geht um Sichtbarkeit, Imagepflege und Inszenierung. Wer hier eine Probefahrt vereinbart, bekommt den Wagen meist nach Hause geliefert. Auch Museen, immersiv-digitale Kunstausstellungen oder andere „Erlebnisformate“ bespielen mittlerweile hochfrequente Innenstadtlagen - ohne klassische Produkttransaktionen.
Diese Verschiebung bringt einen Paradigmenwechsel mit sich - auch für Vermieter. Denn die wirtschaftliche Kalkulation dieser Nutzer folgt anderen Logiken. Mieten werden nicht mehr primär über erzielbare Warenumsätze gerechnet, sondern über Marketingbudgets, Branding-Effekte oder Frequenzwerte in Zielgruppen-Clustern. Die Entscheidung für eine Fläche basiert nicht auf Roherträgen pro Quadratmeter, sondern auf Sichtbarkeit oder auch Aufenthaltsdauer und Interaktion der Besucher.
Gleichzeitig verändert sich die Erwartung an die Fläche selbst. Benötigt werden keine klassischen Verkaufsräume mehr, sondern flexible, gut zugängliche, technisch aufrüstbare Flächen mit hoher Aufenthaltsqualität. Auch Vertragslaufzeiten und Nutzungskonzepte unterscheiden sich: viele dieser Mieter denken in Kampagnenzeiträumen oder gar nur in Jahres-Quartalen - nicht in Dekaden.
Für Eigentümer bedeutet das: Es eröffnen sich neue Chancen. Gerade in Lagen, in denen sich klassische Einzelhändler zurückziehen oder sich andere Umstrukturierungen andeuten, können Markenräume, Showrooms oder Pop-up-Ausstellungen eine attraktive Übergangs- oder manchmal sogar Langfristlösung sein. Und das gilt nicht nur für Großstädte mit hohem Touristenaufkommen.
Wichtig ist jedoch eine genaue Prüfung. Nicht jedes scheinbar spektakuläre Nutzungskonzept ist wirtschaftlich tragfähig - und nicht jede Inszenierung wertet die Lage tatsächlich auf. Wir helfen Ihnen gerne bei einer realistischen Einschätzung.
WC statt Verkaufsfläche in der City - nur Trend, dringender Bedarf oder beides?
Eine Studie des IFH Köln hat ergeben, dass auf Platz 2 im Ranking für Verbesserungsvorschläge in den Innenstädten das mangelnde Toiletten-Angebot liegt. Die Hälfte aller Befragten sieht hier einen Optimierungsbedarf.
Mittlerweile erkennen auch immer mehr Kommunen, dass eine fehlende oder unzureichende WC-Ausstattung die Aufenthaltsqualität in den Innenstädten negativ beeinflusst.
Dieses Problem will nun das Unternehmen SANIFAIR, eine Tochter der Tank & Rast- Gruppe, in Kooperation mit interessierten Stadtverwaltungen lösen.
Nach dem in 2023 erfolgreich gestarteten Pilotprojekt mit der Eröffnung einer Toilettenanlage in bester 1A- Lage der Fußgängerzone Sternstraße in Bonn wird die Expansion nun fortgesetzt. Die nächste Eröffnung erfolgt demnächst in einem vormals als Modegeschäft genutzten Ladenlokal in bester Lage der Kortumstraße in Bochum.
Künstliche Intelligenz im Einzelhandel: Erwartung trifft Realität
Die Konsumstimmung bleibt verhalten: Laut aktueller IFH-Studie fühlt sich rund die Hälfte der Konsumenten durch das wirtschaftliche Umfeld stark verunsichert, 42 Prozent verschieben geplante Ausgaben. In diesem Kontext rückt die Frage in den Fokus, ob Künstliche Intelligenz (KI) ein Impulsgeber für den Einzelhandel sein kann.
Zwar wünschen sich viele Verbraucher KI dort, wo sie das Kundenerlebnis verbessert - etwa bei Empfehlungen oder Bonusprogrammen - in der Realität kommt KI bislang jedoch vor allem im Hintergrund zum Einsatz, etwa im Logistik- oder Bestandsmanagement. Sichtbare Anwendungen sind selten, und nur wenige Händler sehen KI aktuell als strategischen Marketing-Baustein ihres Geschäftsmodells.
Innenstadtansicht
Museum in 1A-Citylage von München © Archiv DOMINO